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Eine gute Kinderbibel bitte!

Ein Regal mit vier deutschsprachigen Kinderbibeln

Ehrlich. Ich habe es mir nicht leicht gemacht bei meiner Suche nach einer brauchbaren Kinderbibel. Massenweise Kinderbibeln habe ich durchforstet, bis ich schon nicht mehr wusste, ob ich bereits Hebräisch, die Ursprache der Bibel, kann oder mir vor lauter Kopfsurren nur die Buchstaben vor den Augen zucken. Zugegeben, ich hatte schon ein paar Ansprüche: kindgerecht, nahe dem Ursprungstext und wenn geht auch noch geschlechtergerecht, zumindest nicht komplett frauenmissachtend. Man wird ja schon bescheiden. Und dann die Sprache: ist sie süßlich oder brutal, ehrlich oder das Wesentliche umschiffend? Denn Bibelgeschichten können schon sehr aufrüttelnd sein. Kids lieben das, aber die Mischung muss passen.

Kurzzusammenfassung für Eilige: Wer gerne gemeinsam mit seinen Kindern die Bibel entdeckt und ein bisschen Power in den Bildern liebt, der verwende die Käßmann-Bibel, wer sich mit Bibel und Glauben schwertut und seinem Volksschulkind dennoch einen Zugang ermöglichen will, der wähle ein dezidiertes Vorbereitungsbuch, wie etwa „Meine Erstkommunionbibel“. Ein Theologe und Opa sucht darin gemeinsam mit seiner Enkelin Sarah Antworten auf Lebensfragen in den biblischen Geschichten. Für Erstleser*innen wiederum bietet sich etwa die Kees de Kort-Bilderbibel an. Sie überzeugt als Klassiker mit großer Schrift und klarer Bildsprache. Für die Jüngsten ab ca. 2 Jahren eignet sich vieles aus der Reihe Der kleine Himmelsbote, da diese sehr sanft und doch inhaltlich ansprechend bereits die Kleinsten an die Bibelwelt heranzuführen sucht.

Die Käßmann-Bibel: Zum Vorlesen und Gemeinsam-Nachdenken

Mein persönlicher Bibelstar ist „Die Bibel für Kinder“, verfasst von der bekannten evangelischen Theologin Margot Käßmann und illustriert von Carla Manea. Mich beeindrucken die pointierten, dialogisch gehaltenen biblischen Erzählungen und auch die ausdrucksstarken, farbintensiven Bilder. Etwas Dramatisches und zugleich Zuversicht-Gebendes mutet den 100 ausgewählten biblischen Erzählungen an. Es gibt Freude, es gibt Trauer, es gibt Ärger und Wut und Liebe, die bleibt, die gibt es auch. Mit dem können Kinder etwas anfangen.

Besonders gelungen sind der Illustratorin Manea die vielfältigen und lebendigen Gesichtsausdrücke. Auch die wechselnden Perspektiven lenken das Auge und machen die Bilder spannend und bewegt. Mal ist die Hauptfigur im Fokus, dann wiederum eine Szene im Hintergrund. Kleine schwarze Schraffierungen geben dem Ganzen zudem etwas Altehrwürdiges und schaffen so, beabsichtigt oder nicht, eine Verbindung zum Ursprungstext. Die Bilder ziehen in ihren Bann, sind aber „nicht gruselig“ laut meinem Sohn. Diese Bibel ist ab Volksschulalter besonders geeignet und sowohl für Buben als auch für Mädchen ansprechend.

„Beim Schreiben habe ich mir vorgestellt: So hätte ich die Geschichten meinen vier Töchtern erzählt, als sie klein waren. Ich fände ein kleines Ritual gut: jeden Abend eine Geschichte. Und dann ein kurzes Gespräch über das Gelesene. Den Kindern werden sich die großen Gestalten der Bibel einprägen in diesen Erzählungen von Sara und Jakob, von Rahab und Samuel, von Jesus und Maria – davon bin ich überzeugt.“ (aus dem Vorwort von Käßmann, Atlanta, im November 2020)

Da diese im Herder Verlag erschienene Bibel zum Nachdenken anregt und womöglich einige Fragen der Kinder hervorbringt, ist sie für bibelferne Eltern eine echte Challenge. Entweder man liebt das gemeinsame Entdecken und Nachforschen oder setzt besser auf „abgeschlossenere Modelle“.

Die Kees de Kort-Bibel: Ein Klassiker zum Selberlesen

Ebenfalls bildstark, wenngleich gänzlich anders, geht es in der vom holländischen Maler Kees de Kort illustrierten Kinderbibel „Das große Bibel-Bilderbuch“ zu. Die Texte darin sind von Hellmut Haug in knappen Sätzen verfasst und präsentieren 25 biblische Geschichten, die zu Sinneinheiten zusammengefasst sind. Dank Großschrift und kurzen einfachen Sätzen sowie vielen Bildern ist diese Bibel auch für Erstleser*innen und Wenigleser*innen geeignet. Obwohl diese Bibel bereits aus den 90er Jahren stammt, hat sie nichts an Qualität eingebüßt. Allerdings hat die neuere theologische Forschung (noch) keinen Eingang in sie gefunden. So kommen Frauen sehr häufig als Anhang der Männer oder Volk vor. Und ob man heute noch „Ein Afrikaner wird getauft“ sagen würde, ist ebenfalls fraglich. „Der Mann aus Äthiopien“ von Käßmann trifft es da mehr.

Dass das Leben eine Fülle an Themen, Gefühlen und menschlichen Wirrnissen bereithält und Gott dennoch an der Seite der Menschen bleibt, wird in diesem Bibel-Bilderbuch besonders schön deutlich. Jesus ist häufig als Mitgehender gezeichnet, gleichgroß wie die anderen, erkenntlich allein am weißen Kleid. Auch bereits 3- und 4-jährige Leser*innen sind von den „sprechenden Bildern“ (so wird es im Vorwort beschrieben) magisch angezogen. Da die Geschichten in dieser Kinderbibel zum Teil chronologisch anders angeordnet oder stark „gerafft“ sind, finden sich im Anhang erläuternde Hinweise dazu.

Wer kirchlich sozialisiert ist, kennt die erzählten Bildergeschichten womöglich noch aus seiner/ihrer Kindheit. Kleine Hefte mit Einzelgeschichten, etwa zum Zöllner Zachäus oder dem blinden Bartimäus, lagen in den Kirchenbänken für die Kinder auf. Pixies für den Gottesdienst sozusagen.

Bartimäus hört:
Es kommt eine große Menschenmenge vorbei.
Er fragt die Leute: „Was ist da los?“
Sie sagen: „Jesus von Nazaret kommt.“
Da ruft Bartimäus ganz laut:
„Jesus, hilf mir!“

Die Leute am Straßenrand sagen:
„Schrei nicht!
Du störst Jesus.
Sei still!“

Aber Bartimäus ruft noch viel lauter:
„Jesus, hilf mir!
Jesus, hilf mir!“

Jesus bleibt stehen.

Jesus sagt: „Ruft ihn her!“

Dieses Bibel-Bilderbuch wurde von der Deutschen Bibelgesellschaft herausgegeben. Ebenfalls finden sich Kees de Kort-Bilder in der vom Neukirchener Kalenderverlag herausgebrachten und von Irmgard Weth erzählten bekannten Neukirchener Kinderbibel.

Der Himmelsbote – Die Reihe für die Kleinsten

Als Einsteigerbibeln oder für bestimmte Themenschwerpunkte kann ich die Reihe „Der kleine Himmelsbote“ empfehlen, die im Coppenrath Verlag erscheint. Wir sind hier in unserer Familie mit einem (inzwischen vergriffenen) Fühl-Bibelbilderbuch gestartet, in dem Tiere eine große Rolle in den biblischen Szenen einnehmen. Danach haben wir „Meine allerliebsten Bibelgeschichten“ geschenkt bekommen, das in bunten starken Farben einige bekannte Geschichten, wie etwa die von Jona und dem Walfisch sowie von David und Goliath erzählt. Meine Kinder bleiben oft an den immer gleichen Bildern kleben. Und stellen Fragen. Wo die Steinschleuder von David nun ist oder warum einer so traurig schaut. Die Auswahl in dem Band ist sehr selektiv und gibt doch einen ersten Eindruck, worum es in der Bibel so geht. Inzwischen ist übrigens schon wieder eine neue und geänderte Ausgabe erschienen.

Auch spezielle Themen, wie etwa „Die Weihnachtsgeschichte“ oder „Erkläre mir die Osterzeit“ werden in der Himmelsbote-Reihe behandelt. Die Ausgabe zur Weihnachtsgeschichte mit Texten von Katrin Hoffmann und Illustrationen von Astrid Krömer ist auf der Vorlage vom Lukas- und Matthäus-Evangelium verfasst und zugleich (klein)kindgerecht aufbereitet. Mit viel weihnachtlich ansprechendem Goldklimbim übrigens, eingesäumte Röcke, leuchtende Sterne. Der Band zur Osterzeit wiederum ist inhaltlich ebenfalls treffsicher, aber sehr traditionell hinsichtlich Kirchen- und Familienbild. Ein bisschen wie früher am Land … muss man mögen.

Es gibt biblische Wimmelbücher, Schiebe-Bände usw. in der Reihe. Ich hab da ehrlich den Überblick verloren. Aus Pappkarton, mit abgerundeten Ecken und warmherzigen, sehr kindlich gezeichneten Figuren sind die Hauptzielgruppe der Reihe 2- bis 5-jährige Kinder.

Zur Erstkommunionvorbereitung: eine Enkelin und ein Opa suchen Antworten in der Bibel

Ich gebe zu, ich war etwas skeptisch. Viele Vorbereitungsbücher zur Erstkommunion sind entweder sehr moralisierend oder oberflächlich. Dieser im Patmos Verlag erschienene Band von Albert Biesinger und Sarah mit dem Titel „Meine Erstkommunion-Bibel“ hingegen hat mir schon am Cover sehr gut gefallen. Ein bisschen Conni-Style, falls ihr die Conni-Geschichten kennt. Durch die pro Kapitel abwechselnde Farbgebung – ein helles Grün, Pink, Blau oder Gelb – wirkt es auch innen freundlich und erhält zudem eine übersichtliche Struktur. Jedes Kapitel startet mit einer lebensweltlichen und für Kinder bedeutsamen Frage, die kurz umrissen wird und auf die dann eine dazu passende nacherzählte Bibelgeschichte folgt. Ein Verweis auf die Original-Bibelstellen ist ebenfalls vorhanden.

Der Plot: Sarah Biesinger ist die Enkelin vom Theologen Albert Biesinger und mitten in der Erstkommunionvorbereitung. Ihr Opa und sie bereiten sich gemeinsam vor, indem sie miteinander ins Gespräch kommen zu wichtigen Fragen, wie Freude, Trauer, Angst, warum es zu Weihnachten Geschenke gibt und warum in der Kirche Kommunion gefeiert wird … Sie lesen Geschichten aus der Bibel und sparen dabei auch die kindliche Gefühlswelt nicht aus. Es wird klar, Gott ist nicht nur für die Freude zuständig, sondern darf auch mal mit den Sorgen und mit Ärger belastet werden. Er hält das ganz gut aus.

Dieses Buch ist überraschend warmherzig und persönlich. Als Leserin habe ich das Gefühl, dass diese Vorbereitungszeit wirklich so stattgefunden hat und dass Sarah als kindliche Gesprächspartnerin ernst genommen wird. Sarah ist übrigens auch als Autorin am Buchcover erwähnt. Einzig, wenngleich gut aufbereitet und übersichtlich, ist das Buch doch etwas textlastig und setzt schon eine gewisse Lese- bzw. Vorlesepraxis voraus.

Im persönlichen Eingangstext zur Bibelstelle „Josef und seine Brüder“ steht etwa unter dem Kapitelthema „Wenn ich Streit habe“:

Sarah ist stinksauer. Ich kann fast schon die dunklen Gewitterwolken sehen, die in ihrem Kopf herumpoltern. „Ich hasse ihn!“, sagt sie ganz laut. Ich bin richtig erschrocken. „Wen hasst du?“, frage ich vorsichtig nach. „Meinen kleinen Bruder.“ „Aha“, sage ich, „und warum?“ „Weil er mein Tagebuch gelesen hat, einfach so, und mich dann auch noch ausgelacht hat.“ Tränen schießen ihr in die Augen. „Ich habe ihn ordentlich geschubst und dann ist er kreischend zu Mama gelaufen. Jetzt bin ich wieder die Böse!“, sprudelt es aus ihr heraus. „Manchmal wünsche ich mir, er wäre einfach weg.“ Sarah und ich schweigen ein bisschen …

Empfehlung oder Hände weg?

Die oben genannten Kinderbibeln kann ich klar empfehlen. Natürlich gibt es auch noch eine Reihe weiterer empfehlenswerter Bibelausgaben. Bestimmte Verlage sind da ein guter Anhaltspunkt, wie etwa der Patmos Verlag oder Herder. Dann ist es aber natürlich immer auch ein bisschen Geschmackssache, was gefällt.
Hände weg ist jedenfalls geboten von allen sich Kinderbibel nennenden Bibeln, die versprechen, die Wahrheit zu sagen. Und die 2021 erschienene „Bibel in Reimen“ von Thomas Brezina kann ich ebenfalls nicht empfehlen. Sie wird keiner meiner oben genannten Kriterien an eine gute Bibel ausreichend gerecht. Ob sie sich aufgrund der Reime als Textvorlage etwa für den Deutschunterricht eignet, darf wer anderer beurteilen.
Für den Erwerb einer Kinderbibel muss es übrigens nicht der religiös gut sortierte Fachbuchhandel, wie die Herder Buchhandlung oder die Tyrolia Buch sein, auch die Thalia auf der Mariahilferstraße beispielsweise führt ein großes Segment in ihrer Kinderbuchabteilung.

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