Mit Kindern leben, Natur entdecken
comment 1

Hitzeflucht und Radfahrsucht – Unser Urlaub in Nordholland

Hitzewelle interessiert nicht, wer bei angenehmen 20 Grad am Nordseestrand sitzt und sich ein feines Lüftchen durch die Haare wehen lässt. So ist es uns ergangen im heurigen Sommerurlaub in Nordholland. Und ja, Radfahren ist eine super Form für Erkundungen der näheren Umgebung. Entschleunigt und doch bewegt lässt sich die vorbeiziehende Landschaft genießen. Und wer hat die radelnde Fortbewegungsart zur Meisterklasse erhoben? Eben. Die Niederländer*innen. Und so kann man sich in Nordholland auf ein gut ausgebautes und sicheres Radnetz sowie auf jede Menge Fahrradverleih-Geschäfte – Fietsverhuur – verlassen. Kinderfreundlich soll es auch noch zugehen, das wollten wir genau wissen …

Glamping statt Camping

Wir haben uns schließlich für einen Ferienpark (Vakantiepark Roompot Callasande) in der Nähe von Callantsoog an der westlichen Küste Nordhollands entschieden. Das erste Mal in unserem Leben als glampende Familie – Glamping ist Camping im Edelstil. In unserem Fall bedeutete das im Grunde eine voll ausgestattete „Blockhütte“ mit Zelt rundherum. Schon schön, aber für uns als „alte Campingfamilie“ natürlich ein bisschen ein Abstieg trotz Aufstieg. Denn so ganz ohne schweißtreibenden Aufbau und Abbau vom Zelt, ohne systematisches Tetris-Packen des Familienautos und schließlich ohne gemächlich-trottendes Aufsuchen der Gemeinschaftswaschräume kamen wir uns natürlich schon etwas „alien-mäßig“ vor. Dass wir so ganz ohne Auto, nur öffentlich an einen Campingplatz anreisten, hat uns aber erst recht zu Sonderlingen gemacht. Die bereits nach Hause versendete Zugangskarte zur Autoeinlass-Schranke machte uns das klar.

Öffentliche Anreise mit Bahn und Bus

Und derweil war das für uns der interessanteste und spannendste Teil der Reise: Wie läuft es, als Familie ausschließlich mit Zug und Bus, von Wien bis an die nordholländische Küste zu fahren? Wie kommen wir dann vor Ort von A nach B? Und wie müssen wir uns im Gepäck reduzieren? Da wurde getüftelt und gefeilscht. „Naja, das Buch ist aber nicht soo dick, da darf ich also zwei mitnehmen…“ „Nein, dieses Kuscheltier muss auch unbedingt mit, das vermisst mich sonst zu sehr. Mama, muss, verstehst du? Muss!“ Und was ist, wenn der Zug verspätet kommt oder die Reservierung des Liegeabteils nicht klappt oder wir womöglich mitten in der Pampa stehen und kein Bus fährt?? Früher – noch ohne Familie – hätten wir uns solche Fragen nie gestellt. Unser allererster gemeinsamer Urlaub von meinem Mann und mir war genau so: mit Minizelt am Rücken, zwei Schlafsäcken und einem kleinen Bunsenbrenner im Gepäck ging es via Zug von Innsbruck an den norditalienischen Caldonazzosee. Das war vielleicht schön, so von Luft und Liebe und Sugo aus dem Fertigglas zu leben …

Wir werden es wieder tun

Alles hat super geklappt. Das Reisen im Nachtzug – wir hatten jeweils ein Privatabteil im Nightjet von Wien nach Amsterdam gebucht – war sehr angenehm. Die Kinder lieben Zugreisen, sie ziehen es jeder Autofahrt vor und durch die nächtliche Fahrt vergeht die Zeit ganz gut. Wenn man beim Aussteigen nicht so ausgeschlafen ist, macht es auch nichts. Es geht ja „nur in den Urlaub“. Und durch das erforderliche gute Planen von Gepäck kommt man nicht in Versuchung unnötigen Krimskrams mitzunehmen, der erst recht wieder belastet, weil er nur den Haushalt zuhause abbildet. Im Zweifelsfall lieber vor Ort ausleihen – z.B. Fahrräder – oder notfalls kaufen und jemandem weiterschenken vor der Abreise. Oft reicht ein Kübel mit Schauferl und ein Allzweck-Ball. Wir studieren übrigens, kaum zuhause angekommen, bereits wieder niederländische Reiseführer …

Unsere Highlights in Callantsoog/Nordholland

Allen voran die Wellen und Dünen. Eh klar. Warum sonst so weit in den Norden reisen. Das Naturschutzgebiet bei Callantsoog heißt „Nordduinen“. Radelnd oder zu Fuß gelangt man über die Dünen zu den verschiedenen Strandeingängen, unser am nächsten gelegene war der Strandslag 8, der auch über eine Strandbar mit Restaurant sowie Toiletten verfügte. Der gesamte Strand Nordhollands ist sehr breit und weit und mit feinem Sand versehen. Die Nordsee ist angenehm zum Schwimmen, bietet durch Wind und Gezeiten aber auch ein spannendes Schauspiel sowie viel zu entdecken, was rangespült wird. Unser Sohn kam nicht raus aus dem begeisterten Betrachten der sich ständig wechselnden Wellenhöhen und Wasserstände, unsere Tochter krallte ihre Zehen in den nassen Sand und jagte den Möwen hinterher. Es gibt auch ausgewiesene und gemütliche „Wanderwege“ durch die Dünen, die mit Heidekraut versehen sind.

Radfahren am Küstenweg. Am Dünenkamm entlang und separiert von der Autostraße gibt es im Grunde die ganze Küste Nordhollands entlang eine Küstenradroute, von der auch immer wieder Straßen weg in die Küstenorte führen. Bis Den Helder, der nördlichsten Ort am Festland, könnte man sogar fahren. Räder ausleihen ist übrigens sehr einfach und unkompliziert und auch nicht teuer.

Obwohl mehrheitlich flach, kann der Wind recht ordentlich blasen. Ohne den hätte es uns aber vermutlich nie ins Juttermuseum des sympathischen Künstlerehepaares Challa am Wegesrand in Callantsoog getrieben. Eine kleine Überraschungsentdeckung, wie wir sie lieben! Im interaktiv gestalteten Strandgut-Museum, das uns Pause vorm Wind bot, sind Strandfunde künstlerisch verarbeitet. Es darf an Schnüren gezogen, Rätsel gelöst und sogar ein künstliches Seemonster mit Bällen beworfen werden. Alles aus herangespültem Plastik, Medikamentenverpackungen von Schiffen und liegengebliebenen Drachenfliegern gestaltet … Sowohl für Erwachsene als auch für Kinder interessant. Auch die Apfeltarte im Jutterscafé ist empfehlenswert.

Nordholland ist gepflastert von Campingplätzen bzw. Ferienparks, manche mitten in den Dünen, andere etwas mehr im Landesinneren. So findet sich bestimmt für jeden Camping-Geschmack ein passender Platz. Wir haben im Vakantiepark Roompot, von dem aus es in etwa 20 Minuten zu Fuß oder in 10 Minuten mit dem Rad zum Strand geht, einen guten Ort gefunden. Sehr kinderfreundlich verfügt er über einen großen Kinderspielplatz, ein Schwimmbad und einen Tennisplatz, war aber dennoch nicht überanimiert.

Für’s nächste Mal

Nur ans Geld hatten wir nicht gedacht. Also schon daran, wie unser Urlaubsbudget aussieht, aber eben nicht, dass wir vor Ort mit unserer Bankomat- oder Kreditkarte nicht weit kommen. Die wurde an vielen Orten, etwa im Campingplatzsupermarkt, nicht akzeptiert. Das kann dann schnell stressig werden, v.a. wenn man nicht weiß, ob man noch den Bus zum nächsten Bankomaten zahlen kann. Das nächste Mal denken wir an Bargeld-Mitnahme.

Ah ja und meinen E-Reader hatte ich vergessen. An der Küste in eine Buchhandlung mit deutschsprachiger oder englischer Literatur zu kommen ist nicht so einfach. Da besser das nächste Mal dran denken, obwohl wir ohne unsere verzweifelte Buchhandlungssuche vielleicht nie durch die schönen Gartensiedlungen Julianadorps geradelt wären und nie die Tapas-Bar im Ort entdeckt hätten … Sich treiben lassen und kleine, überschaubare Verzweiflungsmomente – ganz unser Stil.;-)

1 Comment

  1. Angelika Walser says

    Liebe Christine,
    Ja, Nordsee ist toll, ich weiß!
    Norddeutschland auch. Wir waren mehrmals dort, mit dem Autoreisezug nach Hamburg und dann weiter mit der Fähre beispielsweise nach Föhr. Besonders gut für alle Allergiker oder Leute mit Dauerhusten. Wer einmal dort war pfeift auf das Mittelmeermeer, wo es immer nur Sonne und blauen Himmel gibt. Langweilig. Nordsee ist cooler.
    Angelika

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert