Mit Kindern leben, Natur entdecken
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Die Bienen- und Feuerwanzenlobby ist unterwegs

Im Garten muss ein Bienenstock her, da ist sich mein Sohn ganz sicher. Denn „Bienen sind so lieb. Sie sind meine Freunde.“ Also doch kein Golden Retriever. Puh. Glück gehabt. Denn das hieße Gassi gehen und sehr vermutlich mehr für uns als für die Kinder. Weil den Einseifungstrick, „keine Sorge, das mache dann schon alles ich und gaanz alleine“, den kennen wir schon. Der hat bereits in unserer Kindheit Populationen sich-ums-Haustier-kümmernder Eltern hervorgebracht, während die Young Generation sich urplötzlich um wichtigere Dinge kümmern musste, wie die erste Liebe, das erste Moped oder die angesagteste Disco (heute Club;-).

Die beliebte Biene

Aber warum gerade Bienen? Sind jetzt nicht unmittelbar die kuscheligsten Haustiere, wage ich mal zu behaupten. Laut unserem Volksschulkind wären wir dann allerdings stets mit Honig versorgt (einer unserer Lieblingsfrühstücksaufstriche) und wir würden auch noch etwas Gutes für die Umwelt tun. Denn dass die Natur auf deutlich mehr Bienen angewiesen als derzeit noch leben, hat sich angeblich schon bis zu den jüngsten Gesellschaftsmitgliedern rumgesprochen. Kein Wunder. Die Bienenlobby ist auffallend groß. Selbst große Supermarktketten heften sich seit einigen Jahren auf die Fahnen, etwas für Bienen zu tun. „Wir schwärmen für Bienen“ heißt es da und „Für mehr Artenvielfalt“. Dahingegen berührt und rührt mich das Engagement der Kinder jedoch viel mehr. Wie Kinder eine gute Naturverbindung haben und so einen ausgeprägten Weltverbesserungssinn. Erstaunlich. In welchem Moment geht das nochmal verloren? Zeitgleich, wenn die erste Liebe, das erste Moped oder die angesagteste Disco kommt??!

Die ungeliebte Feuerwanze

Im Gegensatz zur Honigbiene scheint das Mitgefühl für Feuerwanzen endenwollend. So finden sich im Netz vielmehr Tipps zur „Beseitigung“ oder Vertreibung, denn zur freudigen Mehrung derselben. Na gut, dass mit der Vermehrung haben sie selbst ganz gut drauf. Vermutlich habt ihr diese feuerroten „Käfer“ mit schwarzer Musterung auch schon mal beobachtet, wie sie jeweils am hinteren Körperteil aneinandergeklebt durch den Garten oder an Baumstämmen entlang wandern? Wie klappt das nur mit der Koordination der Vor- und Rückwärtsbewegung in diesem „innigen Moment“? Wer bestimmt, wo’s lang geht? Fix ist, bald gesellen sich zu den Großfamilien weitere tausende Wanzenkinderchens. Ihr massenhaftes Auftreten von März bis Mai löst bei vielen Menschen mehr Schauder denn Entzücken aus und das obwohl sie sich im Grunde nur von Gartenabfall ernähren. Auch ich habe erst allmählich ihren Charme entdeckt.

Sie sind überall

Was unseren Garten, ein Gemeinschaftsgarten am Wiener Stadtrand, anbelangt, so leben wir im Frühjahr sozusagen auf einem rot-grünen (Feuerwanzen auf Moos) Teppich. So viel zum Thema naturnaher Garten. Zudem steht inmitten dieses ein Lindenbaum, dessen heruntergefallenen Samen überhaupt Leibspeise der kleinen Tierchen sind. Ich kann also unsere Tochter nur all zu gut verstehen, wenn sie verzweifelt einen wanzenfreien Trampelpfad zum Trampolin sucht. Andererseits verstehe ich auch unseren Sohn, der bei jedem möglichen Fußtritt um das Leben seiner kleinen Gartenfreunde fürchtet, für die er jedes Jahr extra liebevolle Unterkünfte aus Holzästen, Gräsern und Steinen baut. Wissende Eltern erahnen bereits das Konfliktpotential in dieser schicksalshaften Kombination: das eine Kind: Angst vor Käfern, sie sollen weg, das andere Kind: Liebe zu Käfern, sie sollen unbedingt geschützt werden.

Wie immer dazwischen

Während ein Kind altersbedingt im Experimentierstadium mit Käfern ist und testen will, was passiert, wenn eines auch mal zerdrückt wird (dadurch vielleicht auch Kontrolle und Wissen über das Unkontrollierbare bekommt), schäumt es nur so vor Wut im anderen Kind. Da kann ein Ast schnell mal zu einer drohenden Waffe „umfunktioniert“ werden. Und da bin dann ich gefragt in meiner Elternrolle, der unsäglichen, weil unerfüllbaren. Nämlich für beide Seiten Verständnis habend und dennoch ihr wechselseitiges Unverständnis nicht auflösen könnend. Verzweiflung pur. Nur Gefahrenbeseitigung ist mir möglich. Auf beiden Seiten viel Leid, Angst, Wut, Unverständnis. „Wer Käfer tötet, tötet uns alle.“ Das ist mal eine Ansage. Dazu muss gesagt werden, dass „Tod“ und auswogenes Ökosystem noch keine so richtigen Konzepte für unsere noch 2-Jährige sind. Andererseits sieht auch sie aufrichtig „rot“, nur eben anders. Nämlich durch eine Bedrohung unmittelbarer und unkontrollierbarer Art, die weder in Art noch Größe ganz einzuschätzen ist, von überall kommen die Feuerwanzen, in alle Richtungen gehen sie. Was wollen die? (frag ich mich übrigens ja irgendwie auch oft …) „Mama, mach die weg!“ Tja.

Kommt Zeit, kommt Rat

Zum Glück wird die Angst allmählich weniger und das Verständnis wächst. Haben die „Erklärungen“ des älteren Bruder gefruchtet? Haben das gemeinsame Aufnehmen und Beobachten etwas gebracht? Geduld – das Zauberwort? Viele kindlichen Probleme lösen sich tatsächlich mit der Zeit selbst (gut, es entstehen dann eben wieder neue, aber das lassen wir mal beiseite). Während eine Zeit lang Insekten Furcht auslösen können und alles „Käfer“ ist, selbst ein Stück alte liegengebliebene Orangenschale oder ein kleines braunes Stöckchen. So wächst doch auch das Wissen darum, was wahre Gefahren sind und was nicht. Und uns Erwachsenen tut es auch ganz gut, wieder mal uns in Erdnähe zu begeben und mitzuverfolgen, was es da alles zu entdecken gibt. Im Frühjahr und Sommer eine ganze Menge. Das holt auch uns selbst regelrecht auf den Boden der Realität. „Da(s) ist doch nix“, stimmt gar nicht. Da ist extrem viel. Woawahu! Da trete ich gleich freiwillig der Bienen- und Feuerwanzenlobby bei. Wusstet ihr, dass Feuerwanzen ihre Nahrung gemeinschaftlich teilen?? Ich bislang nicht, find ich aber genial!

Naturforschung am Waldboden: Insektenparty

Allertollste Naturforschungen können derzeit überall betrieben werden. Nicht nur im privaten oder Gemeinschaftsgarten. Auch in Parks, auf Wald- und Wiesenstücken, überall ist jetzt „Insektenparty“ angesagt. Auf, auf und raus, Kopf runter und check. Wir beobachten eifrig, mit Becherlupe ausgerüstet und auch ohne. Unser aufgestelltes kleines Bienenhotel – es war schließlich der Kompromiss zum Bienenstock – ist auch eifrig bewohnt und bietet interessante Einblicke in Nestpflege. Welch herrliches Surren! Und mit unseren coolen Insektenbüchern erweitern wir unser Insektenwissen allabendlich und flugweise. Insekten wegpusten, die stören, das ist übrigens die neue Supermethode unserer Tochter. Das wird übrigens auch von der restlichen Insektenlobby gut geheißen.

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