Gemeinwohl, Mit Kindern leben
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Warum elternverwaltete Kindergruppe?

Kinder und Eltern bestimmen mit

„Das Problem mit der Kindergruppe, insbesondere einer elternverwalteten, ist, dass man ihren wahren Wert erst schätzt, wenn man dabei ist,“ sagte kürzlich mein Mann und das stimmt. Es ist tatsächlich nicht so leicht, wiederzugeben, was das spezifisch Besondere an einer elternverwalteten Kindergruppe ist. Als ich das erste Mal „elternverwaltete Kindergruppe“ auf einem Flyer las, konnte ich mir auch so gut wie gar nix darunter vorstellen. Zwei freie Plätze wären zu vergeben, stand da. Auf der Suche und neugierig machte ich einen Schnuppertermin aus. Und dort hat es sich sofort eingestellt. Dieses Gefühl. Das hier irgendetwas richtig läuft, obwohl ich (noch) gar nicht genau wusste, was genau. Es waren zunächst die vielen Details … kleine Hinweise, die bereits die Autonomie der Kinder und die Gemeinschaft und freundschaftliche Verbundenheit zwischen Kindern, Eltern und Betreuer*innen vorwegnahmen.

Unser Start

Bereits beim Schnuppern hat sich unser damals 11-monatiger Sohn sichtlich wohlgefühlt, hat interessiert geschaut, wollte in der Küche eine Schublade öffnen, ist extra in diese Richtung gekrabbelt und hat sich an ihr hochgezogen und wurde mit einem freundlichen Blick der Betreuerin dabei ermutigt. Kein eingreifender Handgriff, kein „Schau mal, was es da anderes Interessantes“ gibt. Unser Kind durfte sich Zeit nehmen zum Entdecken, die Aufmerksamkeit der Betreuerin war gut auf ihn gerichtet. So, als würde er beim Versuch eine Schublade öffnen zu wollen, etwas echt Wichtiges tun. (Was in dem Moment ja auch irgendwie stimmte.) Nebenbei deutete sie einem anderen Kind, das zwischenzeitlich nach einem Besen und einer Schaufel fragte, wo es diese finden konnte. Ich beobachtete, wie sich dieses Kind die Dinge eigenständig holte und Bohnen aufzukehren begann, die aus einer Schütte gefallen waren. Das beeindruckte mich. Hier durfte also nach dem eigenen Rhythmus gelernt und gewerkelt werden, was sich in einer hohen Selbstständigkeit der Kinder zeigt und man wird dabei, wenn nötig und auf Anfrage unterstützt. Das gefiel mir sofort. Alles wirkte so familiär, natürlich und auch entspannt.

Das Besondere an Kindergruppen

Dass die Gruppe mit maximal 14 Kindern recht klein ist und der Betreuungsschlüssel sehr gut, gefiel mir natürlich auch ad hoc, ebenso die Altersdurchmischung von 2 bis 6 Jahren. „Die Kinder können so gut wechselseitig voneinander lernen“, erläuterte mir die Pädagogin bei der Hospitation, etwa die „größeren Kinder lernen Verantwortung für die Jüngeren zu übernehmen“. Das leuchtet ein. Das Gespräch war freundlich, unkompliziert und so, als wäre ich bereits ein Teil vom Ganzen. Aha, hier würden wir als Mama oder als Papa also auch mit dabei sein, statt nur außen vor. Na klar, wer Essen in die Kindergruppe bringt und vielleicht auch mal eine kurze Betreuungseinheit mit übernimmt (Stichwort „Elterndienst“), der musste ja irgendwie als gleichwertiges Mitglied angesehen werden. Nicht die Formulare, nicht der „Platz“, sondern wir als gesamte Familie waren hier also gefragt.

Eltern beteiligen sich …

„Im Grunde sind wir Eltern die Organisation“, erfuhr ich später von einer langjährigen Kindergruppenmama. Sie erklärte mir, was es alles so zu machen gibt und und nahm mir auch ein wenig die Sorge, ob wir das überhaupt können und schaffen. Am meisten Ehrfurcht hatte ich nämlich vor dem ersten Kochdienst. Wie viel braucht es da und schmeckt den Kinder überhaupt, was wir kochen?? Inzwischen sind wir Profis für Spinatknödel, Chili und Gemüsesuppe. Die Eltern kümmern sich nämlich um die Instandhaltung der Räumlichkeiten, die Einhaltung der Auflagen durch die Behörden und eben abwechselnd um das Mittagessen. Klingt nach nicht wenig, teilt sich aber auch auf viele Köpfe auf. Manche sind besser im Rechnen, andere sind handwerklich begabt, wieder andere können gut organisieren. Im Nachhinein kann ich sagen: man wächst hinein … Die Mitarbeit macht sogar die hohe Qualität mit aus, weil man nah dran ist, im ständigen Austausch und auch seine persönliche Note einbringen kann.

Das Kindergruppen-Dreieck

Aha, es gibt also die Kinder, die selbstständig und miteinander vertraut ihren Interessen nachgehen. Mal mehr, mal weniger konfliktreich, aber immer gut begleitet und betreut. Und zwar von den sogenannten Betreuer*innen, die den pädagogischen Alltag leiten und konzipieren und damit die zweite entscheidende Seite des Kindergruppen-Dreiecks bilden. Die Kindergruppen-Betreuer*innen sind nämlich meist innerlich und äußerlich weit gereiste und gereifte Menschen mit einer Reihe an Zusatzausbildungen wie etwa eine Kunsttherapieausbildung oder ein Waldpädagogik-Schwerpunkt. Und dann gibt es eben noch uns Eltern, die dritte Seite vom Kindergruppen-Dreieck, die den Rahmen gestalten und das in Form eines Vereins. Unterstützt werden wir dabei vom übergeordneten Trägerverein.

Kindergruppen-Netzwerk

Wer fragt, „Warum man sich das bloß antut“, sieht nämlich häufig nur die unmittelbare Arbeitsperspektive. Natürlich ist nicht immer alles friedefreudeeierkuchen und leicht. Vor allem wenn gerade herausfordernde berufliche Termine anstehen oder vielleicht mit einem kranken Kind zuhause ist. Aber gut, wann ist es schon leicht, die Stimmung aufrechtzuhalten, wenn es privat oder familiär eng wird?? Immerhin sind in der Kindergruppe dann welche da, die eine*n verstehen. Kurzum wir bekommen auch viel für und durch unser Elternengagement. Wir können uns einbringen, nach unseren Wünschen mitgestalten. Wir können uns wechselseitig aushelfen, wenn der „Hut brennt“. Wir kennen uns nämlich verdammt gut und auch die Kinder kennen uns richtigrichtig gut. Kein Problem, da auch mal ein Kind von wem mitzunehmen, der oder die es gerade nicht rechtzeitig zur Abholzeit schafft.

Freundschaften

Und so sind auch schon viele tiefe Eltern-Freundschaften entstanden, die sogar die Kindergruppenzeit überdauern können. Weil wir gemeinsam etwas geschaffen und erlebt haben. Und auch die Kinder bleiben häufig über die Zeit und über Altersunterschiede hinweg miteinander verbunden, können bei einem Wiedersehen fast nahtlos an „ihre Weise des gemeinsamen Spiels“ anknüpfen. Und das sage ich nicht nur als engagierte Mama, sondern weil mir das auch häufig als Besonderheit rückgemeldet wird. Mir selbst kommt das ja nicht so besonders vor, für mich ist das normal.

Was noch so bleibt …

Und jetzt im letzten Drittel meiner Kindergruppenzeit angekommen – die Kinder werden ja so schnell groß;-) -, fällt mir auf, was mir am meisten fehlen wird: das sind die lustigen Kindergruppenfeiern und Zusammenkünfte mit gutem Essen, Plauderei und der Kreativität und Spontaneität der Kinder und Betreuer*innen. Und ja, ich bin auch ehrlich dankbar für all die vielen Kompetenzen, die ich dazu gewonnen habe. Wenn du mir zu Beginn meiner Kindergruppenkarriere gesagt hättest, ich solle allein auf eine Gruppe von Kindern aufpassen, dann hätte ich nur so mit den Ohren geschlackelt. Trau ich mir jetzt zu. Und vieles andere auch. Und das habe ich doch kürzlich glatt in meinen Lebenslauf reingeschrieben. Hat sich voll rentiert.


Weiterführende Infos:
Dachverband der Wiener elternverwalteten Kindergruppen
Trägerverein Wiener Kindergruppen

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