Also wirklich. Es gibt Tage so wie gestern, da könnt ich heulen, weil eine Hiobsbotschaft die nächste jagt. Schon Tage davor wird gemunkelt und gemauschelt, dass wieder ein härterer Lockdown kommt, vermutlich eine Schulschließung, vielleicht auch für die Volksschüler*innen, eventuell noch ein Reiseverbot zwischen den Bundesländern?! Aber erst, wenn der Elternbrief der Schuldirektion über Schoolfox, unser digitales Mitteilungsheft, eingeht, dann ist es gewiss und unumstößlich. Die Schule bleibt nach Ostern zu. Sobald der violette Fuchs der Schulapp blinkt, zucke ich inzwischen immer schon nervös auf. Weil dann gibt es kein Zurück mehr, dann sinkt die Hoffnung auf Null, dass das alles nur (wieder) ein böser Traum ist, aus dem ich bestimmt schnell erwache.
Bringen Sie ihr Kind nicht in die Schule
Und dann steht es da. Schwarz auf Weiß. Bitte bringen Sie das Kind zur Betreuung nur in die Schule, wenn Sie arbeiten gehen müssen. Bamm. Obwohl wir alles richtig gemacht haben, obwohl die Kinder dreimal die Woche Nase bohren und jeden Tag Maske tragen. Es wird auf Distance Learning umgestellt. Bamm. Obwohl schon viele Lehrer*innen die erste Impfung erhalten haben. Was antworte ich auf die Frage heute am Frühstückstisch, wann das „Pfuigaggawäh-Virus“ endlich weg ist? Und was soll diese implizite Frage nach der Qualität der Arbeit, diese Idee, es gäbe legitime Arbeit, die einen Betreuungsbedarf legitimiert und illegitime, die das nicht tut? Natürlich muss ich arbeiten! Auch als freie Selbstständige im Home office. Wir alle müssen arbeiten. Bezahlt und unbezahlt, in Teilzeit und Vollzeit, zuhause und/oder „draußen“, kreativ und unkreativ, frisch und wiederholend, bewegt und/oder rückenverhärtend.
Ich will nicht Rechenkaiserin werden
Da kann jetzt die Direktion nichts dafür, die gibt ja nur Anweisungen des Bildungsministeriums weiter. Aber mal ehrlich, wer kann es sich im zigten Lockdown noch leisten, die Kinder nicht in Betreuung zu geben? Alternativ die Kinder zu den Großeltern nach Vorarlberg (oder Kärnten oder Burgenland oder auch nur in Wien selbst) zu schicken, ist ja auch keine gewünschte Option. Von dem abgesehen, dass viele Kinder mit ihren Altersgenoss*innen zusammen sein und lernen wollen. Mit der ollen Mama am Küchentisch Rechenaufgaben zu lösen loost meist ganz ab. Und – jetzt hab ich’s dann bald, versprochen – ich habe selbst überhaupt keine Lust mehr, Unterrichtsaufgaben mit meinem Kind durchzugehen, das zuhause nur mittelmäßig motiviert ist und auch keinen Computerunterricht mag. Wenn die Regierung wenigstens eine Osterferienverlängerung mit Ostersonderurlaub für Eltern ausgegeben hätte, das wäre ja noch okay. Ich will überhaupt nicht Rechenkaiserin werden und auch nicht Lesekönigin. Ich will arbeiten (Betonung auf „Will“) und mit meinen Kindern spielen und lachen, gemeinsam kochen, den Balkon wischen und Möbel tischlern. Dafür könnten wir gut noch ne Zusatzwoche brauchen.
Dampfablassen ist wichtig
Was hilft nun? Dampfablassen ist ein erster nicht zu unterschätzender Schritt. Man kann das auch „Psychohygiene“ nennen. Sehr verkürzt gesagt: wenn ich hier im Text oder bei meinen Freundinnen am Telefon motze, dann brauch ich im Idealfall an gar keiner virusverleugnenden Demo teilnehmen, um Stress abzubauen. Schon praktisch. Und weiter? Wieder konstruktiv werden, ins Tun kommen, die lähmende Nachricht sanft abstreifen, nach hilfreichen Lösungen suchen. Zunächst konkret eine Lösung finden für das Problem der Un-Vereinbarkeit von Beruf und Familie bei Schließung der Schulen. Melden wir das Kind diesmal zur Betreuung an? Wer kann wo wie noch Sonderurlaub nehmen? Beknien wir die Großeltern (doch) nach Wien zu kommen? Tun wir uns mit einer oder zwei anderen Familien zusammen, die im ähnlichen „Keimepool“ sitzen, um abwechselnd die Kinder zu „beschulen“? Oder melden wir das Kind von der Schule ab und lassen es arbeiten (dann hätten wir das Problem mit dem Broterwerb und die Betreuungsfrage in einem gelöst, – ja, ich weiß, düsterer Humor, nehm ich wieder zurück …)? Die Rolle des Humors, ebenfalls eine Superkraft, um Gefühle zu kanalisieren, darf jedoch echt nicht unterschätzt werden.
Aus der Endlosspirale rauskommen
Des weiteres brauchen wir natürlich auch noch längerfristige Lösungen als dieses Spiel des „(Schul-)Schranken auf – (Schul-)Schranken“ zu, denn von meinen Kindern weiß ich, dass dieses Spiel endlos gespielt werden kann. Wir spielen das meist so. Sie fahren dann mit ihren Gefährten (Laufrad, Fahrrad oder Roller) eine bestimmte Strecke entlang und ich demonstriere mit den Armen eine Schranke. Sie bleiben davor stehen und warten, bis die Schranke aufgeht. Fasziniert und begeistert wird dem Heben der Arme aufmerksam gefolgt und dann „durchgerast“. Wobei nach kurzer Spielzeit bereits im Auf-mich-Zusteuern gerufen wird: „Schranke auf!“ Keine Zeit mehr zu warten. Großes Gelächter. Von da an gleicht das Spiel mehr einem Roadmovie und ich springe, wie eine Wilde*, vor und zurück und alle sind glücklich und aus der Puste.
Wenn die Schulschranke wieder mal zubleibt, sieht das anders aus. Da kommt erst gar kein spielerischer Elan auf … Da gibt es nur Auf und Zu und Auf und Zu und keine spielerische Variation des Themas. Warum eigentlich? Wird doch Zeit.
Öffnen wir die Schul-Schranken!
Unserem Sohn hat mein Mann heute Früh schließlich geantwortet, dass das Pfuigaggiwäh-Virus vermutlich gar nicht weg geht und uns, so wie andere Viren auch, womöglich erhalten bleibt. Dass wir nur allmählich eine Idee bekommen werden müssen, wie wir damit leben und umgehen können. Kurzum, wie verändern wir das Schrankenspiel, damit es nicht endlos wird? Was, wenn wir die Schranken versetzen? Sollen wir weiter immer alles dicht machen, um eine bestimmte besonders gefährdete Gruppe zu schützen? Oder sollten wir allmählich auch Gruppen als gefährdet wahrnehmen, deren geringeres Problem die Virusinfektion selbst ist angesichts drohender psychischer Probleme und Folgeerscheinungen von Bewegungsmangel (Kinder und Jugendliche) sowie drohendem Jobverlust, Beziehungskrisen aller Art und Ängsten (Erwachsene, auch Eltern).
Schule – bunt, grün und sozial
Was, wenn wir Schule breiter, grüner und bunter denken? Dafür müssen wir nicht die Lehrer*innen (und Direktor*innen) nicht noch mehr belasten. Ich sag’s ehrlich. Bevor ich noch mal mit meinem Jungen allein am Küchentisch sitz, komme ich gern getestet in die Schule und übernimm eine Lern-Untergruppe. Wir kennen solche Mitarbeit von unserer Elternverwalteten Kindergruppe. Kann klappen. Oder vielleicht wollen manche der „zuhause geparkten“ Jugendlichen, Volksschüler*innen lieber in den Park begleiten (freiwillig, gegen eine Aufwandsentschädigung oder für ein erspartes Maturafach)? Ein bisschen Sonne kann wohl auch nicht schaden. Der Frühling kommt, die Blumen sprießen, wir können mehr draußen sein und die Ideen wachsen auch! Was fällt euch noch so alles ein zum Thema „kreative Schule in Corona-Zeiten“?